Das Gewissen
Daniel Schenk
Das Gewissen ist dem Menschen von Gott gegeben. Es ist ein Bewusstsein, das Zeugnis über die eigenen Taten und Gedanken ablegt und sie beurteilt. Es richtet sich nach einem göttlichen Gesetz, das dem Menschen ins Herz geschrieben ist. Das griechische Wort für Gewissen ist „syneidaesis“ und bedeutet auch „Mitwisser“. Dieser „Mitwisser“ funktioniert unabhängig vom Willen des Menschen und mahnt ihn, wenn er im Begriff ist, von Gottes Ordnungen abzuweichen oder wenn er davon abgewichen ist. Dies funktioniert auch bei Menschen, die das geschriebene Gesetz Gottes nicht kennen, so schreibt es Paulus in seinem Brief an die Römer:
Rö:2.14+15: „Denn wenn Nationen, die kein Gesetz haben, von Natur dem Gesetz entsprechend handeln, so sind diese, die kein Gesetz haben, sich selbst Gesetz. Sie beweisen, dass das Werk des Gesetzes in ihren Herzen geschrieben ist, indem ihr Gewissen mit Zeugnis gibt und ihre Gedanken sich untereinander anklagen oder auch entschuldigen. „
Dieses Schriftwort zeigt uns, dass das Zeugnis des Gewissens für jeden Menschen klar ist, und Gott wird die Menschen, die das Gesetz nicht kannten, auch dementsprechend richten. Der Vers 15 sagt uns aber auch, wie der Mensch leider oft darauf reagiert und in seinen Gedanken dem Zeugnis des Gewissens auszuweichen sucht, indem er:
a) andere anklagt und beschuldigt, oder
b) Entschuldigungen sucht.
Schon Salomo schreibt in Prediger 3.11, dass Gott den Menschen die Ewigkeit in ihr Herz gelegt hat. Dies ist auch ein Hinweis auf das Gewissen und überhaupt auf das Wissen des Menschen um die Existenz Gottes, die ihm ja auch in der Schöpfung bezeugt wird.
Brauchen wir das Gewissen?
Brauchen wir als neutestamentliche Gläubige noch das Gewissen, oder genügt es, wenn wir uns einfach vom Heiligen Geist leiten lassen? Diese Frage könnte man stellen, ich persönlich glaube, dass es richtig ist, über das Gewissen zu predigen und zu schreiben. Wie wichtig dieses Thema auch für uns ist, erkennen wir daran, dass von den 33 Stellen, in denen die Bibel vom Gewissen redet, nur zwei im Alten Testament und 31 im Neuen Testament stehen. Wenn wir weiter beachten, dass fünfundzwanzig davon Aussprüche des Apostel Paulus sind, drei des Petrus und fünf im Hebräerbrief stehen, dann wird das „Gewissen“ geradezu zu einem neutestamentlichen, ja gemeindegemässen Thema. Wir brauchen beide, das Gewissen und den Heiligen Geist. Diese stimmen in ihren Aussagen über unser Leben überein, denn sie kommen beide von Gott dem Vater. Paulus hatte sowohl das Zeugnis seines Gewissens als auch das des Heiligen Geistes.
Rö:9.1: „ Ich sage die Wahrheit in Christus, ich lüge nicht, wobei mein Gewissen mir Zeugnis gibt im Heiligen Geist.“
Ein gutes und reines Gewissen
Die Apostel reden sechsmal von einem guten Gewissen und zweimal von einem reinen Gewissen. In unserem ungläubigen Zustand hatten wir ein beflecktes Gewissen.
Tit.1.15: „Den Reinen ist alles rein; den Befleckten aber und Ungläubigen ist nichts rein, sondern befleckt ist sowohl ihre Gesinnung als auch ihr Gewissen.“
Bei der Bekehrung und Wiedergeburt wurde unser Gewissen durch das Blut Jesu gereinigt.
Hebr.9.14: “ Wie viel mehr wird das Blut des Christus, der sich selbst durch den ewigen Geist als Opfer ohne Fehl Gott dargebracht hat, euer Gewissen reinigen von toten Werken, damit ihr dem lebendigen Gott dient.“
Hebr.10.22: „So lasst uns hinzutreten, mit wahrhaftigem Herzen in voller Gewissheit des Glaubens, die Herzen besprengt und damit gereinigt vom bösen Gewissen und den Leib gewaschen mit reinem Wasser.“
Auch die Taufe ist gemäss 1.Petr.3.21 eine Bitte oder Anforderung an Gott um ein gutes Gewissen. Wer zum Glauben kommt, erhält ein reines und gutes Gewissen von Gott. Wie auch unser altes Leben ausgesehen haben mag, unser Gewissen wurde gereinigt und der Schuldbrief wurde an das Kreuz geheftet und vernichtet (Kol.2.14). Es ist sehr wichtig, dass wir das gute und reine Gewissen behalten und es nicht wiederum beflecken. Im 1. Brief von Paulus an Timotheus lesen wir von drei Sorten Menschen und was sie mit ihrem Gewissen gemacht haben:
• Die einen haben das gute Gewissen von sich gestossen und am Glauben Schiffbruch erlitten. 1.Tim. 1.19.
• Andere haben das Geheimnis des Glaubens in einem reinen Gewissen bewahrt, das soll auch unbedingt die Stellung von Vorstehern und Ältesten sein. 1.Tim.3.9.
• Von anderen wiederum schreibt er, dass sie falsche Lehren verbreiten und in ihrem eigenen Gewissen gebrandmarkt sind. 1.Tim.4.2.
Paulus sagte bei seiner Verteidigung vor dem Statthalter Felix in Bezug auf sein Gewissen und im Hinblick auf die Auferstehung folgendes:
Apg.24.16: „Darum übe ich mich auch, allezeit ein Gewissen ohne Anstoss zu haben vor Gott und Menschen.“
Ganz offensichtlich hat das Gewissen von Felix auch reagiert, denn wir lesen in Vers 22, dass er die Sache „vertagt“ hat und auch die nächste Verhandlung hat er abgebrochen, weil er mit Furcht erfüllt wurde (Vers 25). Lasst uns die Sache nie „vertagen“, wenn unser Gewissen reagiert.
In Rö.13.5 ist das Gewissen erwähnt im Zusammenhang mit der Unterordnung gegenüber der Obrigkeit und in Bezug auf das Entrichten von Steuern. Es lohnt sich nicht, um eines finanziellen Vorteils willen das Gewissen zu belasten. Ein gutes Gewissen steht auch im Zusammenhang mit einem guten Wandel.
Hebr. 13.18: „Betet für uns, denn wir sind überzeugt, dass wir ein gutes Gewissen haben, da wir in allem einen guten Wandel zu führen begehren.“
1.Petr. 3.16: „Und habt ein gutes Gewissen, damit die, welche euren guten Wandel in Christus verleumden, darin zuschanden werden, worin euch Übles nachgeredet wird. „
Auf das Gewissen der Schwachen Rücksicht nehmen
Es gibt Menschen, deren Gewissen schwach oder ängstlich ist. Dies ist das Gegenteil von einem „verschorften“ (verhärteten) Gewissen. Paulus schreibt davon in seinem ersten Brief an die Korinther in den Kapiteln 8 und 10. Dies kann das Resultat einer gesetzlichen Lehre oder Erziehung sein. Es gibt Dinge, die jemand mit gutem Gewissen tun kann, ein anderer aber nimmt daran Anstoss oder wird von seinem Gewissen verurteilt, wenn er dasselbe tut. Paulus zeigt das am Beispiel von Götzenopferfleisch, das oft auf dem Fleischmarkt verkauft oder bei einer Einladung serviert wurde. Das Essen von diesem Fleisch hat auf unseren Glaubensstand keinen Einfluss, das wussten auch die Korinther, jedoch könnte es für einen im Glauben schwachen Bruder zum Anstoss werden:
1.Kor.8.7–12: „Die Erkenntnis aber ist nicht in allen, sondern manche essen es, da sie bis jetzt an den Götzen gewöhnt waren, als Götzenopferfleisch, und ihr Gewissen, da es schwach ist, wird befleckt. Speise aber macht uns nicht angenehm vor Gott, weder sind wir, wenn wir nicht essen, geringer, noch sind wir, wenn wir essen, besser. (Das war das richtige Argument der Korinther, doch Paulus rät ihnen, dabei, auf die Schwachen Rücksicht zu nehmen). Seht aber zu, dass nicht etwa diese eure Freiheit den Schwachen zum Anstoss werde! Denn wenn jemand dich, der du die Erkenntnis hast, im Götzentempel zu Tisch liegen sieht, wird nicht sein Gewissen, da er schwach ist, bestärkt werden, die Götzenopfer zu essen? Und durch deine Erkenntnis kommt der Schwache um, der Bruder, um dessentwillen Christus gestorben ist. Wenn ihr aber so gegen die Brüder sündigt und ihr schwaches Gewissen verletzt, so sündigt ihr gegen Christus.“
Bei allem was wir tun, wollen wir auch auf das Empfinden und Gewissen derer Rücksicht nehmen, die uns beobachten und die uns vielleicht sogar als Vorbilder nehmen.
Paulus hat die Korinther auch darüber beraten, wie sie sich bei Einladungen zu verhalten haben. Er sagte ihnen, dass sie nicht nach der Herkunft der Speisen forschen sollen, denn diese würden ihnen nicht schaden. Wenn hingegen jemand ausdrücklich sagt, „es ist Götzen Opfer“, dann sollen sie nicht davon essen um des Gewissens des anderen willen.
1. Kor. 10. 27–30: “ Wenn jemand von den Ungläubigen euch einlädt, und ihr wollt hingehen, so esst alles, was euch vorgesetzt wird, ohne es um des Gewissens willen zu untersuchen. Wenn aber jemand zu euch sagt: Dies ist Opferfleisch, so esst nicht, um jenes willen, der es anzeigt und um des Gewissens willen; Ich meine aber nicht das eigene Gewissen, sondern das des anderen. Denn warum wird meine Freiheit von einem anderen Gewissen beurteilt? Wenn ich mit Danksagung teilnehme (wenn ich über dem Essen bete), warum werde ich geschmäht für das, wofür ich danksage?“
Paulus lehrt uns in diesem Abschnitt, die Liebe zu den Geschwistern über die persönliche Freiheit zu stellen und auf die verschiedenen Empfindungen Rücksicht zu nehmen. Darauf müssen wir besonders achten, wenn wir in unserem Dienst mit Geschwistern mit anderem kulturellen oder religiösen Hintergrund zusammenkommen. Wir könnten durch ein falsches und egoistisches Verhalten (wir haben die Erkenntnis) die Herzen der Geschwister verletzen, so dass sie unsere Botschaft nicht mehr annehmen würden.
1.Kor.10.32: „Seid unanstössig, sowohl für Juden als auch für Griechen als auch für die Gemeinde Gottes!“
Das Gewissen nicht manipulieren
So wie die Bibel von einem reinen und guten Gewissen redet, redet sie auch von einem verletzten, befleckten und bösen Gewissen. Niemand kann sein Gewissen töten, doch wenn man es dauernd verletzt und übergeht, wird es verhärtet oder, wie es Paulus an Timotheus schreibt, verschorft. Ein solches Gewissen reagiert nicht mehr so schnell.
1. Tim.4.2: „Solche haben durch Heuchelei in Lügenworten das eigene Gewissen wie mit einem Brenneisen verschorft.“
Aber auch das Gegenteil kann der Fall sein, indem uns z.B. gesetzliche Leute ein schlechtes Gewissen einreden wollen, weil wir gewisse Gesetze wie Sabbat, Getränke und Speise Vorschriften nicht einhalten. Wir müssen unser Gewissen vor Gott prüfen und nach den klaren Aussagen der Bibel ausrichten und uns nicht verwirren lassen.
Kol. 2.16: “ So lasset nun niemand euch Gewissen machen über Speisen oder über Trank oder über bestimmte Feiertage oder Neumonde oder Sabbate.“ (Luther)
Das Zeugnis des Gewissens
Unser Gewissen bezeugt uns, dass wir vor Gott richtig stehen, auch dann, wenn wir von Menschen beschuldigt werden. Das Zeugnis des göttlichen Wohlgefallens haben wir in unserem Gewissen, es gibt uns eine innere Freudigkeit auf den Tag Christi.
Unser Gewissen kann aber noch mehr, es kann uns in vielen Fällen bezeugen, ob das, was ein anderer uns sagt, die Wahrheit ist. Wie oft haben wir schon von Menschen gehört, die zum ersten Mal in eine Versammlung kamen und das Wort hörten, dass sie in ihrem Inneren genau wussten: „Was der sagt, ist die Wahrheit.“ Auf diese Wirkung des Gewissens können wir uns auch verlassen, wenn wir einem Menschen Zeugnis geben von Jesus, dann haben wir einen Verbündeten in seinem eigenen Herzen, nämlich sein Gewissen, das ihm die Richtigkeit unserer Aussagen bestätigt, auch wenn er es im Moment nicht zugibt. Das sagt die Schrift im 2.Korintherbrief:
2.Kor.4.2: „Sondern durch die Offenbarung der Wahrheit empfehlen wir uns jedem Gewissen der Menschen vor den Augen Gottes.“
2. Kor. 5.11: “ Gott aber sind wir offenbar geworden; ich hoffe aber, auch in euren Gewissen offenbar zu sein.“
Wir alle wollen, wie einst die Apostel, darauf achten, dass wir ein unverletztes, reines und gutes Gewissen haben. Auch Hiob sagte, dass ihn sein Gewissen nicht „beisst“ in Bezug auf sein Leben (Hiob 27.6 Luther). Das gute Gewissen gehört zum Ziel der Heilsverkündigung.
1. Tim. 1.5: „Das Endziel der Weisung ist aber Liebe aus reinem Herzen und gutem Gewissen und ungeheucheltem Glauben“