Der gute Hirte
Daniel Schenk
Eine Wortbetrachtung zu Johannes 10.
Die Bibel braucht verschiedene Bilder aus dem irdischen Leben, um das Verhältnis zwischen Jesus und den Gläubigen verständlich zu machen. Paulus redet in seinen Briefen dreissigmal von der Gemeinde als dem Leib Christi und somit von Jesus als dem (leitenden) Haupt.
Ein anderes Bild, das vor allem Jesus brauchte, ist das einer Schafherde mit dem Hirten. Er bezeichnete sich als „der gute Hirte“ und die Jünger als „Schafe seiner Herde“. Wir denken dabei automatisch an den Psalm 23, in dem David prophetisch vom Herrn als von seinem Hirten redet.
David kannte den Dienst eines Hirten, denn er hatte selber Schafe gehütet und wurde vielleicht gerade deshalb einer der bekanntesten Könige dieser Welt.
Mose, der eine sehr hohe Ausbildung in Ägypten genossen hatte, musste noch vierzig Jahre als Schafhirte dienen, bevor er seinen Dienst als Führer des Volkes Israel antreten konnte. Ausser Jesus Christus hat kein Mensch die Nachwelt so stark geprägt wie Mose.
Vielleicht sähe die Welt anders aus, wenn auch die heutigen Politiker einige Jahre Schafe hüten müssten, bevor sie ihre Ämter antreten dürfen. Jedenfalls war der Titel „Hirte“ für Jesus nicht zu gering, um sich selbst so zu bezeichnen. Auch wir wollen nicht zu stolz sein, um als „Schafe seiner Herde“ bezeichnet zu werden.
Ein Schaf hat keine grossen Möglichkeiten, sich selbst gegen Feinde zu verteidigen. Es ist ein hilfloses Geschöpf, das sehr auf den Hirten und auch auf die Herde angewiesen ist. Sonst ist es schutz- und führungslos. Genau so sehr brauchen auch wir den guten Hirten und auch die Herde (Gemeinde), damit wir ein glückliches und gesundes geistliches Wachstum erleben können.
In der Gegend, in der Jesus lebte, haben die Hirten jeweils abends ihre Schafe in einen gemeinsamen Pferch (mit einer Steinmauer umzäunter Platz) gebracht. Dort waren sie sicher vor den Wölfen. Während der Nacht haben die Hirten abwechselnd gewacht wegen den Dieben und Räubern. Am Morgen haben sie dann die Schafe herausgelassen, jeder einzelne Hirte hat seine Schafe gerufen und ist mit ihnen zu den Weideplätzen und zur Tränke gezogen. Dieses Bild hatte Jesus vor Augen, als Er die Worte in Joh.10 redete und wir müssen es auch vor Augen haben, um es zu verstehen.
Ich bin die Tür
Joh.10.7: „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Ich bin die Tür der Schafe.“
Joh.10.9: „Ich bin die Tür; wenn jemand durch mich hineingeht, so wird er errettet werden und wird ein- und ausgehen und Weide finden.“
Mit dem „Ich bin“ benutzte Jesus die gleichen Worte wie Gott der Vater, als Dieser dem Mose Seinen Namen mit „Ich bin“ angab (2.Mo.3.14). Zweimal sagt Jesus in diesem Kapitel: „Ich bin die Tür“. Das bedeutet, dass es keinen anderen Weg zur Errettung und zum Vater gibt als durch Jesus Christus. Wer anderswo hineinsteigt (Selbsterlösung, Gesetzlichkeit usw.), der ist ein Dieb und ein Räuber. Wir müssen wachsam sein, auf was für Lehren wir hören.
Ich bin der gute Hirte
Joh.10.11: „Ich bin der gute Hirte; der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe.“
Joh.10.14+15: „Ich bin der gute Hirte; und ich kenne die Meinen, und die Meinen kennen mich, wie der Vater mich kennt und ich den Vater kenne; und ich lasse mein Leben für die Schafe.“
Auch den Ausspruch: „Ich bin der gute Hirte“, finden wir zweimal und auch hier steht das göttliche „Ich bin“, das uns Vertrauen gibt. Ja Er ist wirklich der gute Hirte! Wenn es einen guten Hirten gibt, dann gibt es auch schlechte Hirten. Was Jesus als den guten Hirten auszeichnet und in beiden Schriftstellen erwähnt wird, ist die Tatsache, dass Er Sein Leben für die Schafe gibt. Diesen Beweis hat Jesus erbracht, als Er am Kreuz an unserer Stelle und für unsere Sünden gestorben ist.
Die Feinde
Joh.10.1: „Wer nicht durch die Tür in den Hof der Schafe hineingeht, sondern anderswo hinübersteigt, der ist ein Dieb und ein Räuber.“
Joh.10.8: „Alle, die vor mir gekommen sind, sind Diebe und Räuber.“
Joh.10.10: „Der Dieb kommt nur, um zu stehlen und zu schlachten und zu verderben.“
Joh.10.12: „Wer Mietling und nicht Hirte ist, …… sieht den Wolf kommen und verlässt die Schafe und flieht – und der Wolf raubt und zerstreut sie.“
Die aufgeführten Schriftstellen reden von Dieben, Räubern und auch vom Wolf. Diese Ausdrücke werden in der Schrift einerseits für Menschen gebraucht, die falsche Lehren verbreiten (Matth.7.15 +10.16; Joh.10.1; Apg.20.29), andererseits aber auch für den Teufel (Joh.10.10), der die Menschen verführt und das Wort aus ihren Herzen stiehlt (Luk.8.12). Den besten Schutz haben wir, wenn wir bei der Herde und ganz nahe beim Hirten bleiben. Sein „Stecken und Stab“ gibt uns Trost und Sicherheit (Ps.23). Wenn wir den Hirten und seine Stimme kennen, dann stehen wir nicht in Gefahr, vom Feind verführt zu werden. In den Versen 14+15 sagt Jesus: „Ich kenne die Meinen. und die Meinen kennen mich, wie der Vater mich kennt und ich den Vater kenne.“ Damit hat Er eine tiefe und innige Beziehung zwischen Ihm, dem Hirten und uns, seinen Schafen zum Ausdruck gebracht.
Seine Stimme hören und kennen
Joh.10.3: „Die Schafe hören seine Stimme, und er ruft die eigenen Schafe mit Namen und führt sie heraus.“
Joh.10.27: „Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen mir.“
Die Schafe kennen ihren Hirten an der Stimme und nicht an der Kleidung. Einige Hirten haben das ausprobiert, indem sie ihre Kleider vertauscht haben. Am Morgen gingen sie dann wie gewohnt hinaus, haben aber nicht gerufen und nicht geredet. Die Schafe waren verwirrt und näherten sich dann zaghaft dem Hirten, dessen Kleider sie kannten. Als die Männer aber anfingen zu reden, wechselten die Schafe sofort zu ihrem Hirten, auch wenn er die falschen Kleider trug. Sie haben sich an der Stimme orientiert. Das ist für uns sehr wichtig, auch wir sollen uns an der Stimme, das heisst am Wort orientieren. Paulus warnt die Korinther in 2.Kor.11.13-15 vor falschen Aposteln und betrügerischen Arbeitern. Er schreibt, dass Satan selbst die Gestalt eines Engels des Lichts annimmt und auch seine Diener die Gestalt von Dienern der Gerechtigkeit annehmen. Wir dürfen uns daher nicht an der äusseren Erscheinung orientieren, sondern am Wort. Im Wort Gottes finden wir die Stimme des guten Hirten. Von allem, was anders tönt und nicht die Erlösungsbotschaft enthält, müssen wir uns distanzieren, auch wenn es schön aussieht.
Leben und volles Genüge
Joh.10.10: „Der Dieb kommt nur, um zu stehlen und zu schlachten und zu verderben. Ich bin gekommen, damit sie Leben haben und es in Überfluss haben.“
Ps.23.1: „Der HERR ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.“
Ps.23.6: „Nur Güte und Gnade werden mir folgen alle Tage meines Lebens.“
Der Herr will nicht, dass wir Mangel haben. Es ist der Feind, der die Menschen beraubt. Er raubt ihnen das Heil, die Freude die Gesundheit und oft auch das, was sie zum irdischen Leben brauchen. Wenn wir in der Obhut des guten Hirten sind, kann der Feind uns nicht mehr berauben. Leben und Überfluss hat Jesus uns verheissen. Wir wollen auch dieses „Land“ einnehmen und zwar sowohl im geistlichen wie im irdischen Bereich. Schon David durfte sagen: „Mir wird nichts mangeln.“ Er redete in Psalm 23 von grünen Auen und von frischem Wasser, von einer erquickten Seele, von einem bereiteten Tisch sogar im Angesicht der Feinde. Weiter redet er von einem gesalbten Haupt und von einem überfliessenden Becher. Wenn David das in der Gemeinschaft mit dem Herrn schon im alten Bund erleben durfte, wie viel mehr gilt es jetzt für uns im neuen Bund.
Noch andere Schafe
Joh.10.16: „ Und ich habe andere Schafe, die nicht aus diesem Hof sind; auch diese muss ich bringen, und sie werden meine Stimme hören, und es wird eine Herde, ein Hirte sein.“
Jesus redete damals zu Menschen aus dem Volk Israel, zu ihnen war Er ja auch gesandt. Sie hatten als Erste das Anrecht auf das Evangelium. Jesus wusste aber, dass Er noch andere Schafe hat und einzelnen konnte Er schon damals begegnen. Viele Juden und sogar Priester sind damals zum Glauben gekommen, aber die Führer des Volkes lehnten auch die Botschaft der Apostel ab. Erst dann war die Zeit reif, dass das Evangelium auch zu den „anderen Schafen“, zu uns Heiden gebracht werden konnte. Es war speziell der Apostel Paulus, der zu diesem Dienst berufen wurde. Wie dankbar sind wir doch, dass wir jetzt auch zu dieser Herde gehören dürfen. Wir wollen uns nicht im Stolz gegenüber Israel erheben, sondern die in Römer 11 beschriebene Haltung einnehmen.
Rö.11.25: „Denn ich will nicht, Brüder, dass euch dieses Geheimnis unbekannt sei, damit ihr nicht euch selbst für klug haltet: Verstockung ist Israel zum Teil widerfahren, bis die Vollzahl der Nationen hineingekommen sein wird; und so wird ganz Israel errettet werden.“
Unsere Sicherheit
Joh.10.28-30: „Und ich gebe ihnen ewiges Leben, und sie gehen nicht verloren in Ewigkeit, und niemand wird sie aus meiner Hand rauben. Mein Vater, der sie mir gegeben hat, ist größer als alle, und niemand kann sie aus der Hand meines Vaters rauben. Ich und der Vater sind eins.“
Ewiges Leben und die Verheissung, in Ewigkeit nicht verloren zu gehen, sondern beim himmlischen Vater zu sein, das sind unschätzbare Werte. Wenn Er weiter sagt: „Niemand wird sie aus meiner Hand reissen“, dann meint Er das wirklich so. Keine geistliche oder irdische Macht kann uns von Ihm scheiden, so schreibt es auch der Apostel Paulus in Rö.8.35-39. Nichts kann uns aus Seiner Hand reissen, nur wir selbst können davonlaufen, aber das wollen und werden wir niemals tun. Jesus sagt, dass auch der Vater, der ihm die Schafe anvertraut hat, uns in Seiner Hand hält und auch aus Seiner Hand kann uns niemand reissen.
„Ich und der Vater sind eins“, sie sind eins darin, uns zu bewahren und an das Ziel zu bringen. Dank sei dem guten Hirten für solch grosse Gnade! Amen.