Fleischlich oder geistlich
Daniel Schenk
1.Kor.3.1-3: „ Und ich, Brüder, konnte nicht zu euch reden als zu Geistlichen, sondern als zu Fleischlichen, als zu Unmündigen in Christus. Ich habe euch Milch zu trinken gegeben, nicht feste Speise; denn ihr konntet sie noch nicht vertragen. Ihr könnt es aber auch jetzt noch nicht, denn ihr seid noch fleischlich. Denn wo Eifersucht und Streit unter euch ist, seid ihr da nicht fleischlich und wandelt nach Menschenweise?“
Die Korinthergemeinde war reich gesegnet mit geistlichen Gaben und in ihren Versammlungen ging es sicher lebhaft zu. Zu dieser Überzeugung kommen wir, wenn wir die Kapitel zwölf und vierzehn des ersten Korintherbriefes studieren. Trotzdem schreibt ihnen Paulus im obenstehenden Textwort mehrmals, dass sie damals, bei seiner Anwesenheit, fleischlich waren und auch jetzt noch fleischlich sind. Paulus nimmt Bezug auf die Zeit, als er die Gemeinde gegründet und anschliessend etwa anderthalb Jahre dort gewirkt hat. Von Korinth ist er dann nach Ephesus gezogen, hat diese Gemeinde gegründet und dort drei Jahre gedient. Vor seiner Abreise aus Ephesus hat er vermutlich die Korrespondenz mit der Korinthergemeinde geführt und dabei auch die Briefe geschrieben, die uns als 1.und 2. Korintherbrief bekannt sind. Wir haben es also mit Gläubigen zu tun, die ca. vier Jahre auf dem Weg waren. Was den Apostel betrübte war die Tatsache, dass sie immer noch fleischlich waren. Woran erkannte er das? Durch die Hausgenossen der Chloe hatte Paulus Kunde über den Zustand der Gemeinde erhalten (1.Kor.1-11). Aus diesem Bericht hat er folgende Punkte festgestellt, denen er das Prädikat „fleischliches Verhalten“ geben muss:
- Parteiungen und Streitigkeiten 1.Kor.1.10+12
- Eifersucht und Streit 1.Kor.3.3
- Abhängigkeit von Menschen 1.Kor.3.4-7
- Aufgeblasenheit 1.Kor.4.18+19 und 5.2
- Unzucht 1.Kor.5.1
- Rechtsstreitigkeiten zwischen Brüdern 1.Kor.6.1-9
- Unwürdiges Verhalten beim Abendmahl 1.Kor.11.20-34
- Fehlverhalten beim Gebrauch der Geistesgaben 1.Kor.14.20 + 26-33
Wir sehen, dass die Korinther, obschon sie mit geistlichen Gaben sehr gesegnet waren, trotzdem noch fleischlich geblieben sind. Man kann sich für sehr geistlich halten und trotzdem sehr fleischlich und menschlich reagieren und handeln. O Herr, bewahre uns vor einem solchen Verhalten und zeige uns, wo solche Ansätze in unseren Leben noch vorhanden sind, damit wir sie überwinden und ablegen können.
Paulus hat die Korinther nicht vom Gebrauch der Geistesgaben abgehalten, weil sie noch fleischlich waren. Das wäre der falsche Weg gewesen. Vielmehr hat er sie ermutigt, nach geistlichen Gaben zu streben und zu eifern. Aber er hat sie aufgefordert, vorab nach der Liebe zu streben.
1.Kor.14.1: „Strebt nach der Liebe, eifert aber nach den geistlichen Gaben.“
Ich denke, die Liebe macht in erster Linie den Unterschied aus zwischen einem fleischlichen und einem geistlichen Menschen. Es gibt ja nichts Geistlicheres als die Liebe (Agape), denn diese ist gemäss Rö.5.5 durch den Heiligen Geist in unsere Herzen ausgegossen. Dass die Liebe eine Frucht des Geistes ist, lesen wir auch in Gal.5.22. Paulus hat sie im „Hohelied der Liebe“ (1.Kor.13) als Voraussetzung und Ausrüstung für das geistliche Leben und auch für den Dienst mit den Geistesgaben dargestellt. Ganz besonders die in den Versen 4-7 beschriebenen Eigenschaften der Liebe sind ein Gegenstück zu dem oben aufgezählten fleischlichen Verhalten.
1.Kor.13.4-7: „Die Liebe ist langmütig, die Liebe ist gütig; sie neidet nicht; die Liebe tut nicht gross, sie bläht sich nicht auf, sie benimmt sich nicht unanständig, sie sucht nicht das Ihre, sie lässt sich nicht erbittern, sie rechnet Böses nicht zu, sie freut sich nicht über die Ungerechtigkeit, sondern sie freut sich mit der Wahrheit, sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie erduldet alles.“
Von Natur aus sind wir alle fleischlich (Rö.7.14), auch wenn wir wiedergeborene Menschen sind, ist unser Fleisch dadurch nicht fromm geworden.
Rö.7.18: „Denn ich weiss, dass in mir, das ist in meinem Fleisch, nichts gutes wohnt.“
Um geistlich zu sein, bedarf es die Übermacht des Heiligen Geistes in unserem Leben.
Rö.8.9: „Ihr aber seid nicht im Fleisch, sondern im Geist, wenn wirklich Gottes Geist in euch wohnt.“
Was bedeuten die Begriffe „Geistlich, fleischlich, seelisch?
(In Anlehnung an den Sprachschlüssel der Elberfelder Studienbibel)
- Geistlich „pneumatikos“ Zum Bereich Gottes und seines Geistes gehörend. Es steht im Gegensatz zu „psychikos“ = natürlich, physisch, geschöpflich und noch mehr im Gegensatz zu „sarkikos“ = fleischlich, vergänglich, sündig.
- Fleischlich „sarkikos“ Dieses Wort wird im NT nur im übertragenen Sinn verwendet als Gegensatz zu „geistlich“ (pneumatikos). Derjenige ist fleischlich, in dem das Fleisch das bestimmende Prinzip ist. Fleischlich ist das, was aus natürlichen, menschlichen, meist egoistischen und sündigen Vorstellungen und Absichten hervorgeht. Es ist die Eigenschaft unserer gesamten gefallenen und deshalb der Vergänglichkeit unterworfenen Natur, in der die Sünde regiert.
- Seelisch „psychikos“ ist ein Synonym (sinnverwandt) zu fleischlich. Es hat den Sinn von natürlich, zur unerlösten, natürlichen Seele gehörend, dem Denken und Fühlen entsprechend, welches in diesem natürlichen Leben geübt wird und dem geistlichen oder erlösten innerem Menschen entgegensteht. „Psychikos“ wird in 1.Kor.2.14 mit „natürlich“, in Jak.3.15 mit „sinnlich“ und in Jud.19 mit „irdisch gesinnt“ wiedergegeben. Damit ist jedes Mal eine Eigenschaft gemeint, die dieser sündigen, von Gott abgefallenen Welt anhaftet und dem unerlösten, natürlichen Leben derselben entspricht.
Der Unterschied zwischen dem fleischlichen und dem geistlichen Menschen
Der fleischliche Mensch orientiert sich an der Sichtbarkeit und an seinen Gefühlen, der Geistesmensch dagegen gründet auf die Verheissungen und lässt sich vom Geiste Gottes leiten. Der Fleischliche redet aus seiner Vernunft und oft ohne Gottesfurcht. Der Geistliche hingegen redet so wie Gott redet. Der fleischliche Mensch stellt sich selbst in den Vordergrund, dem geistlichen geht es um den Leib Christi und um die Sache des Herrn. In Römer 8 sind auch einige Unterschiede zwischen den geistlichen und den fleischlichen Menschen aufgezählt:
Rö.8.5-8: „ Denn die, die nach dem Fleisch sind, sinnen auf das, was des Fleisches ist; die aber, die nach dem Geist sind, auf das, was des Geistes ist. Denn die Gesinnung des Fleisches ist Tod, die Gesinnung des Geistes aber Leben und Frieden, weil die Gesinnung des Fleisches Feindschaft gegen Gott ist, denn sie ist dem Gesetz Gottes nicht untertan, denn sie kann das auch nicht. Die aber, die im Fleisch sind, können Gott nicht gefallen.“
Unmündigkeit
Paulus schliesst diejenigen, die noch fleischlich sind, nicht vom Stand in Christus aus. Aber er bezeichnet sie als „Unmündige in Christus“. Das bedeutet nach Gal.4.1-3 einen Stand entsprechend einem Sklaven statt einem Sohn, es bedeutet unter Vormündern (Gesetzen) und sogar unter die Elemente der Welt versklavt zu sein, anstatt in der Freiheit der Söhne Gottes zu leben. Da hatten die Korinther doch den Apostel mit den tiefsten Offenbarungen über den Plan Gottes unter sich und sein Herz hat gebrannt, ihnen diese „feste Speise“ zu vermitteln. Doch er konnte ihnen nur geistliche Milch zu trinken geben. Dies ist eine grosse Gefahr, nicht nur bei Anfängern in Glaubensleben. Das sehen wir auch aus Hebr.5.11-14. Nach der Länge der Zeit hätten sie Lehrer sein sollen, doch sie hatten wiederum nötig, dass ihnen die „Anfangsgründe“ und geistliche Milch statt fester Speise vorgetragen wurde. Auch für die Hebräer braucht der Apostel das Wort „Unmündige“.
Merkmale und Aufgaben des Geistlichen
1.Kor.2.15: „Der geistliche (Mensch) dagegen beurteilt zwar alles, er selbst jedoch wird von niemand beurteilt.“
Das griechische Wort für beurteilen heisst „anakrino“ und hat auch die Bedeutung von untersuchen und prüfen. Der Geistliche ist mit einer Weisheit ausgerüstet, die ihn befähigt, die Dinge richtig zu beurteilen. Er hat eine innere Sicherheit, weil er in der Verbindung mit dem Herrn und den Heiligen Geist lebt.
Gal.6.1: „Brüder, wenn auch ein Mensch von einem Fehltritt übereilt wird, so bringt ihr, die Geistlichen, einen solchen im Geist der Sanftmut wieder zurecht. Und dabei gib auf dich selbst ach, dass nicht auch du versucht wirst.“
In diesem Schriftwort ist eine seelsorgerliche Aufgabe angesprochen, die nicht von fleischlichen Menschen übernommen werden kann. Der Geistliche kann mitfühlen, vergeben und mit Sanftmut die Dinge in Ordnung bringen. Für den Fleischlichen ist die Gefahr auch sehr gross, selber zu fallen, wenn er sich mit dem Fehltritt eines anderen befasst. Paulus ermahnt sogar die Geistlichen, in solchen Fällen wachsam zu sein.
Wie können wir von einem fleischlichen in einen geistlichen Stand gelangen und darin bleiben?
Klare und auch anwendbare Anweisungen, um nicht fleischlich, sondern geistlich zu sein, gibt Paulus in seinem Brief an die Römer. Wir wollen diese Worte zu uns reden lassen:
Rö.8.12-14: „So sind wir nun, Brüder, nicht dem Fleisch Schuldner, um nach dem Fleisch zu leben; denn wenn ihr nach dem Fleisch lebt, so werdet ihr sterben, wenn ihr aber durch den Geist die Handlungen des Leibes tötet, so werdet ihr leben. Denn so viele durch den Geist Gottes geleitet werden, die sind Söhne Gottes.“
Mit dem Thema „fleischlich oder geistlich“ befasst sich auch der Galaterbrief im Kapitel 5.13-26. Ich empfehle, diesen Abschnitt zu lesen. Vers 17 sagt, dass Fleisch und Geist einander entgegengesetzt sind. Nur wenn der Geist die Oberhand hat, können wir in Willen Gottes leben.
Stichworte aus dem erwähnten Abschnitt:
- Das Fleisch kreuzigen Vers 24: „Die aber dem Christus angehören, haben das Fleisch samt den Leidenschaften und Begierden gekreuzigt.“
- Im Geist wandeln Vers 16: „Wandelt im Geist, und ihr werdet die Begierden des Fleisches nicht erfüllen.“. Vers 25: „Wenn wir durch den Geist leben, so lasst uns durch den Geist wandeln.“
- Sich vom Geist leiten lassen Vers18: „Wenn ihr aber durch den Geist geleitet werdet, seid ihr nicht unter Gesetz.“
Die in Gal.5.19-21 aufgezählten „Werke des Fleisches“ ordnen wir eher der Welt und den Ungläubigen zu. Doch Fleisch ist Fleisch, auch wenn es fromm ist. Wenn wir ihm Raum lassen, dann sind die gleichen Auswirkungen da. Sie treten vielleicht nicht so krass auf, aber sie stammen aus denselben Wurzeln und stehen unter dem Missfallen Gottes. Wir wollen deshalb die Ermahnung, unser Fleisch zu kreuzigen, ernst nehmen. Im Heiligen Geist ist uns die Möglichkeit gegeben, Überwinder und Geistesmenschen zu sein. Wir können und wollen gemäss Gal.5.16 im Geist wandeln, dann müssen wir die Begierden des Fleisches, in welcher Form sie auch immer auftreten, nicht mehr erfüllen. Das ist wahre Freiheit und die wünsche ich allen Lesern. Der Herr segne Euch!