Geistesgaben 6: Weissagung
Daniel Schenk
Weissagung (Prophetisches reden, singen und handeln)
1.Kor.12.10: „Einem anderen aber Weissagung (Prophetenwort).“
Von allen Gnadengaben wird das prophetische Reden am meisten hervorgehoben. In der Häufigkeit kommt Weissagung gerade nach dem Zungenreden, wird aber vom Apostel Paulus als für die Erbauung der Gemeinde wichtiger bezeichnet. Paulus möchte, dass alle weissagen und er mahnt uns auch, am meisten danach zu eifern, dass wir weissagen.
1.Kor.14.1+35: „Eifert aber nach den geistlichen (Gaben), besonders aber, dass ihr weissagt. Wer aber weissagt, redet zu den Menschen zur Erbauung und Ermahnung und Tröstung. Wer in einer Sprache redet, erbaut sich selbst; wer aber weissagt, erbaut die Gemeinde. Ich möchte aber, dass ihr alle in Sprachen redet, mehr aber noch, dass ihr weissagt. Wer aber weissagt, ist grösser, als wer in Sprachen redet, es sei denn, dass er es auslegt, damit die Gemeinde Erbauung empfange.“
Schon Mose hatte gewünscht, dass alle im Volke Gottes weissagen möchten.
4.Mose 11.29: „Mögen doch alle im Volk des Herrn Propheten sein, dass der Herr Seinen Geist auf sie lege!“
Was verstehen wir unter „prophetisch reden“ oder „weissagen“?.
Dazu möchte ich ein paar Sätze aus dem „Sprachschlüssel“ der ElberfelderStudienbibel zitieren: „Propheteia“ = Prophetie, Weissagung, prophetische Gabe. In 1.Kor 12,10; 13,2.8; 14,6.22; 1.Thess 5,20; 1.Tim 1,18; 4,14; Off 1,3; 22,7.10.18f und vielleicht in Off 11,6; 19,10 ist von der neutestamentlichen Prophetie oder Weissagung die Rede, die eine Gabe des Heiligen Geistes und ein Zeichen für die Glaubenden ist, indem sie Menschen ihrer Sünde überführt, den Menschen von Gott her deutet und entlarvt (1.Kor 14,20–25). „Propheteia“ ist im NT und oft auch im AT nicht einfach eine Zukunftsweissagung oder voraussage, sondern Weissagung und Deutung von Menschen und Geschehnissen der Gegenwart im Licht des Wortes Gottes. Damit wird sie zur wichtigsten Gnadengabe für den Bau der Gemeinde. Jeder Glaubende kann Prophetie oder Weissagung ausüben als Auslegung des Wortes Gottes. Dies macht ihn aber nicht zu einem Propheten im eigentlichen Sinn. Man kann also sagen, dass zwar jeder Prophet prophezeit oder weissagt, aber nicht jeder, der weissagt, ein Prophet ist.
„Propheteuo“ = prophetisch reden (1.Kor 11,4; 13,9; 14,1. 35. 24. 31. 39) „Propheteuo“ ist eigentlich das Aussprechen oder Bekannt machen des Willens Gottes mit derjenigen Klarheit, Kraft und Autorität, die aus dem Bewusstsein und der Tatsache kommt, im Namen Gottes zu reden und eine direkt von ihm empfangene Botschaft übermitteln zu müssen. Daher kann auch jemand prophezeien, ohne ein Prophet im strengen Sinne des Wortes zu sein.
„Prophetes“ = Prophet, Voraussager.
Es ist deutlich, dass das, was das Wesen der Propheten eigentlich ausmacht, die unmittelbare Verbindung zu Gott ist, die göttliche Mitteilung dessen, was er sagen soll. Den Propheten wird von Gott etwas geoffenbart (1.Kor 14,29f; Eph 3,5; 1.Petr 1,12). Dass das spezielle Handeln eines Propheten nicht nur das Voraussagen ist, sondern vor allem das Aufzeigen des Willens Gottes, besonders Seiner Rettungsabsicht, wird durch 1.Kor 14,37 bestätigt. Zwei Dinge machen also einen Propheten aus: eine von Gott gewährte Einsicht in die göttlichen Rätsel oder Geheimnisse und die Mitteilung dieser Geheimnisse an andere. Es schliesst auch die Bekanntgabe von Gottes Heilsplan ein mitsamt Warnungen, Gerichtsansagen usw. Im NT ist Prophetie die Bekanntmachung des von Jesus Christus schon erwirkten Heils und dessen Vollendung in der Zukunft, aber auch das Aussprechen dessen, was Gott zur gegenwärtigen Lage zu sagen hat. Dementsprechend werden die Propheten in Eph. 2.20; 3,5 Seite an Seite mit den Aposteln erwähnt als der Grund oder die Grundmauer der neutestamentlichen Gemeinde.
Soweit einige Zitate aus dem „Elberfelder Sprachschlüssel“ zu Prophetie, prophetisch reden und Prophet.
Wie wir aus den vorangehenden Zeilen gesehen haben, ist prophetisches Reden nicht nur den Propheten geschenkt. Folgendes ist zu beachten: „Jeder Prophet weissagt, aber nicht jeder, der weissagt, ist ein Prophet.“ Paulus wünschte, dass alle weissagen (1.Kor 14,5; 24+31), damit alle lernen und alle ermahnt werden. Dieses prophetische Reden bezieht sich im Allgemeinen auf den Bereich der Lehre und des Zuspruchs (Rö.12,6; 1.Kor 14,3). Zukunftsvoraussagen sind Sache der Propheten. In Lukas 1.67–79 lesen wir die prophetischen Worte des Zacharias. Wir sehen, dass er dort eigentlich nur Schriftworte zitierte, aber er tat es unter der Leitung des Geistes, zur richtigen Zeit und am richtigen Ort.
Gesamthaft, als Gemeinde, sollen wir nach geistlichen Gaben streben, wir sollen eine reiche Fülle davon haben.
1.Kor 14.1: „Eifert aber nach den geistlichen (Gaben), besonders aber, dass ihr weissagt.“
1.Kor 14.12: „So auch ihr, da ihr nach geistlichen Gaben eifert, so strebt danach, dass ihr überreich seid zur Erbauung der Gemeinde.“
Persönlich sollen wir die uns zugeteilten Geistesgaben entfachen. Es handelt sich dabei nicht um einen „Selbstbedienungsladen“, wo jeder das ihm Passende auswählen kann. Bei den Geistesgaben handelt es sich um Zuteilungen, die wir erkennen und betätigen sollen.
Rö 12,6: „Da wir aber verschiedene Gnadengaben haben nach der uns gegebenen Gnade, so lasst sie uns gebrauchen.“
1.Kor 12,11: „Dies alles aber wirkt ein und derselbe Geist und teilt jedem besonders aus, wie er will.“
1.Tim 4,14: „Vernachlässige nicht die Gnadengabe in dir, die dir gegeben worden ist durch Weissagung mit Handauflegung der Ältestenschaft.“
2.Tim 1,6: „Um dieser Ursache willen erinnere ich dich, die Gnadengabe Gottes anzufachen, die in dir durch das Auflegen meiner Hände ist.“
(Bei Timotheus handelte es sich vermutlich um die in Rö.12,7 erwähnte Lehrgabe).
Prophetische Rede kann auf verschiedene Weise empfangen und vermittelt werden:
Als direkte Rede, „So spricht der Herr“ oder „Der Geist bezeugt“ usw.
Als ein Eindruck, den wir nicht in direkter Rede weitergeben.
In Verbindung mit einem Gesicht (Vision), auf das dann meist eine Auslegung folgt. Prophetie in Verbindung mit Visionen finden wir ausgeprägt bei den Propheten Hesekiel und Daniel sowie in der Offenbarung des Johannes.
Als Zungengesang (Singen im Geist). Es gibt sowohl Anbetungs Zungengesänge als auch solche mit prophetischen Aussagen.
Prophetisches Handeln, wie wir es bei Jeremia sehen (Kap. 13 und 19). Solches Handeln sehen wir auch beim Propheten Agabus, als er den Gürtel des Paulus nahm und sich damit band, um anzudeuten, dass Paulus in Jerusalem gebunden würde (Apg. 21,10+11).
Wozu dient Weissagung?
Die Schrift redet von zwei Bereichen. Der eine ist für die Gemeinde, der andere ist das Überführen von Ungläubigen.
Die Wirkungen für die Gemeinde sind Erbauung, Ermahnung (Ermunterung, Zuspruch) und Tröstung.
1.Kor 14,35: „Wer aber weissagt, redet zu Menschen zur Erbauung und Ermahnung und Tröstung. …Wer aber weissagt, erbaut die Gemeinde. Ich möchte aber, dass ihr alle in Sprachen redet, mehr aber noch, dass ihr weissagt. Wer aber weissagt, ist grösser, als wer in Sprachen redet, es sei denn, dass er es auslegt, damit die Gemeinde Erbauung empfange.“
Ein Beispiel von der Wirkung der prophetischen Gabe lesen wir in:
Apg. 15,32: „Sowohl Judas wie Silas, die selbst auch Propheten waren, sprachen den Brüdern mit vielen Worten zu und befestigten sie im Glauben.“
Die Weissagungen weisen meistens auf die Botschaft hin, die der Geist in der betreffenden Versammlung bringen will und sie sind eine gute Orientierung und auch Bestätigung für den Lehrer. Es gibt aber auch Weissagungen, die für einzelne Menschen bestimmt sind, sie sollen Zusprüche und Antworten für ihre speziellen Situationen oder Fragen bringen. Oft kommt Weissagung auch in Gebeten vor, ohne dass der Betende sich dessen bewusst ist, oder indem jemand den Auftrag fühlt, ein bestimmtes Wort vorzulesen.
Der zweite Bereich, in dem die Gabe der Weissagung wirksam ist, ist das Überführen von Ungläubigen, indem das Verborgene ihrer Herzen aufgedeckt wird, wenn sie in die Gemeinde kommen. In diesem Sinne ist prophetisches Reden ein „Zeichen“ für die Ungläubigen (1.Kor 14,22). Wir wollen in diesem Bereich noch eifrig nach Wachstum streben.
1.Kor 14,24+25: „Wenn aber alle weissagen und irgendein Ungläubiger oder Unkundiger kommt herein, so wird er von allen überführt, von allen beurteilt; das Verborgene seines Herzens wird offenbar, und so wird er auf sein Angesicht fallen und wird Gott anbeten und verkündigen, dass Gott wirklich unter euch ist.“
Zwei oder drei oder alle?
Wir müssen die Aussagen von 1.Kor 14,29: „Propheten lasst zwei oder drei reden“ und 14,31: „Denn ihr könnt einer nach dem anderen alle weissagen“, richtig einordnen, sonst erscheinen sie uns widersprüchlich. Vers 29 redet von Propheten, die damals oft herumreisten, die Gemeinden besuchten und ihnen dienten. Es konnte sich aber auch um Propheten der eigenen Gemeinde handeln. Den Dienst dieser Propheten empfiehlt Paulus, auf zwei oder drei zu beschränken. Ich glaube, dass er dies mit Rücksicht auf unser Aufnahmevermögen geschrieben hat. Schliesslich soll ja auch noch Raum für die Lehre sein. Der Vers 31 redet nicht von Propheten, sondern meint das allgemeine Weissagen oder prophetische Reden, nach dem alle streben sollen. Damit alle Belehrung empfangen und alle erbaut werden, sollen alle Raum haben, diese Gabe zu betätigen. Diese Botschaften sind ja meist auch kurz und beziehen sich im allgemeinen auf den Bereich der Lehre, während Zukunftsvoraussagen Sache der Propheten sind.
Beurteilen
1.Kor 14,29: „Und die anderen sollen es beurteilen.“
Wer weissagt, hat seine Aussagen immer der Beurteilung durch die Gemeinde und vor allem der Leiterschaft zu unterstellen. Weissagung muss mit den Aussagen der Schrift übereinstimmen, sonst lehnen wir sie ab. Der Heilige Geist wird in seinen Aussagen dem Wort Gottes nie widersprechen oder über das hinausgehen, was geschrieben steht. In Rö. 12,6 steht folgender, wichtiger Hinweis: „Da wir aber verschiedene Gnadengaben haben nach der uns verliehenen Gnade, so lasst sie uns gebrauchen: es sei Weissagung, nach dem Mass des Glaubens“. Das Mass unseres Glaubens soll das Wort Gottes sein.
Ein weiteres, wichtiges Merkmal ist das, was Jesus in Joh. 16.1315 sagte, indem Er darauf hinwies, dass der Geist Ihn verherrlichen und uns Sein Eigentum verkündigen wird. Der Heilige Geist wird auch immer auf das Opfer von Jesus Bezug nehmen und nicht „alttestamentlich“ urteilen.
Wichtig: Der Heilige Geist überführt, Anklage aber kommt vom Feind.
Ich möchte diese Betrachtung abschliessen mit den beiden letzten Versen aus 1.Kor 14: „Daher Brüder, eifert danach, zu weissagen, und hindert das Reden in Sprachen nicht“. Für die heutige Zeit sehr wichtig ist der letzte Vers: „Alles aber geschehe anständig und in Ordnung“.